Materialien zu den Konzerten

Die Äußerungen der Komponisten zu ihren Werken sind bisweilen erheiternd, doch immer instruktiv; sie geben Einblick in die Werkstatt des Künstlers und manchmal sogar Aufschlüsse über die Stücke. Nachfolgend deswegen einige unkommentierte Briefstellen bezüglich der hier vorliegenden Konzerte. Der Adressat ist in allen Fällen ein Kollege des Absenders, der sich allerdings einige Jahrzehnte weiter hinten in der Musikgeschichte herumtreibt.

Die Geburt des ersten Satzes des ersten Konzertes wird in einem Brief vom 9. 3. 98 angezeigt:

… In Ägypten hat man neue (alte natürlich) Mumien gefunden und in Bremen den Anfang eines Konzertz. Johann Sebastian ist diese Nacht nicht gekommen (naja, bei dem Alter), aber Georg Friedrich (obwohl ja gleichalt[rig]) hat gestanden. Pate nämlich zu Beiigem. Eigentlich sollte es nur eine Übung werden…

Der Brief vom 18. 3. 98 bezieht sich auf den zweiten Satz:

… Das hätte ich auch nicht gedacht, daß diese stille Händeleske Arie so in Bewegung gerät (…) – besonders weise ich auf die Stelle T. 35 hin…

Zum dritten lesen wir im Brief vom 24. 3. 98:

… So! Diese Nacht ist der letzte Satz fertig geworden. … Die Refrains sind immer Vielfache von 12 Takten lang; die Couplets Vielfache von 16. Die Gesamtlängen von Refrains und Couplets sollten gleich sein. Das geht mit 8 × 12 und 6 × 16 = jeweils 96, also insgesamt 192 Takte. … Der Solist wollte sich aber noch etwas mehr profilieren, also bekam er 16 Takte dazu (den kadenzartigen Teil ab T. 193); dafür bekam das Refrainthema noch eine Chance mit 12 Takten ab T. 109 (da ist auch ziemlich die Mitte). Somit verhalten sich beide A–Teile zum B–Teil wie 132 zu 88, also 3 zu 2! … Derweil mir nun endlich perruque und queue (…) wachsen, überlege ich, ob Rondo Veneziano die Uraufführung machen soll, wegen der Kostüme natürlich.

Auf das zweite Konzert bezieht sich offenbar folgende undatierte Stelle (wahrscheinlich April 98):

… Also Antonio meint ja: "Alles nix gutt. Zu viel wissenschafte, zu viel komplizierte, zu viel doitsch." Und weiter: "La musica muße kommen von die herz und gehen in die bauche und die bein." (oder wars umgekehrt?) Und überreichte mir dieses Konzert ("in stile tedesco", was er auch immer darunter verstehen mag): "So mus gute concerto sain!" Er hat danach nie wieder ein Concerto grosso mit obligatem Klavier ("Iste nicht instrumento für virtuositá, kan nicht machen cantare." ) geschrieben. … Tatsächlich mögen die Italiäner ja bis heute keine Klavierkonzerte; wohl weil da niemand singt.

Erst der Halbitaliäner Ferruccio Busoni hat es gewagt, ein Klavierkonzert zu schreiben – und es wird tatsächlich gesungen! Allerdings von einem Männerchor…

Und zum dritten Konzert finden sich diese Passagen:

vom 7. 9. 98

… habe ich nun endlich den ersten Satz des dritten Horneburger Konzerts beendet. …

Naja, irgendwie besteht der ganze Satz doch nur aus Sequenzen (ich hab jetzt natürlich gezählt: ungefähr 50% der Takte gehören irgendwelchen Sequenzen an, also doch nur/immerhin/sogar die Hälfte). Andere machen Makramee, unsereiner eben sowas. … Für den dritten habe ich auch schon was im Hinterkopf. Das wurde so auch noch nicht gesagt…

vom 13. 9. 98

… Das ist dann wohl der zweite. (– Antonio spricht übrigens nicht mehr mit mir! Nach Fertigstellung des ersten Satzes hatte er mir noch dringlichst geraten, doch populärer zu schreiben. Der wird sich wundern über den dritten!) Etwas kühn, dieser Duosonatensatz mit sehr sparsamem Orchester, aber der meditative Charakter der Musik verlangt einen intimeren Widerpart zum Klavier…